Gemeinnütziges Vererben: Chancen für Stiftungen und Organisationen jeder Größe
Erbschaftsfundraising – Teil 5 der Reihe „Spenden und Fundraising“
Ein Fachbeitrag von Lena Vizy
Stiftungs-News März 2024 – Newsletter abonnieren
Hat Ihre Organisation bereits Erbschaftsspenden erhalten? Und hat Ihre Stiftung schon proaktive Maßnahmen ergriffen oder Schritte unternommen, um über diese besondere Form des Spendens zu kommunizieren?
Organisationen jeder Größe verfügen über ein Potenzial im Bereich der Erbschaftsspenden. In Deutschland profitieren zahlreiche Stiftungen und gemeinnützige Organisationen regelmäßig von finanziellen Zuwendungen aus Nachlässen. Ein herausragendes Beispiel ist die Stiftung SOS-Kinderdörfer, die allein im Jahr 2022 Erbschaftsspenden in Höhe von über 100 Millionen Euro verbuchen konnte. Zwar stellt dies einen außergewöhnlich hohen Betrag dar, doch können auch kleinere Stiftungen oder auch Organisationen mit einem starken lokalen Bezug stets mehr von Erbschaftsspenden profitieren.
Größere Bereitschaft fürs gemeinnützige Vererben
In Deutschland zeichnet sich ein zunehmendes Interesse ab, gemeinnützige Organisationen im eigenen Testament zu berücksichtigen. Dieser Trend wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Unter anderem spielen demografische Veränderungen eine Rolle, wie die Alterung der Bevölkerung. Mittlerweile zählen etwa 24,8 Millionen Deutsche zu den über 60-Jährigen. Zudem führt eine zunehmende Kinderlosigkeit dazu, dass Menschen ohne Nachkommen häufiger erwägen, ihr Vermögen gemeinnützigen Zwecken zu vermachen. Aber darüber hinaus gewinnt die Vorstellung, das eigene Erbe sinnstiftend für soziale Ziele und gute Zwecke einzusetzen, an Bedeutung. Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2020 untermauert diese Entwicklung: 92 % der Befragten sind sich der Möglichkeit bewusst, ihr Erbe an gemeinnützige Organisationen zu vererben. Besonders aufschlussreich ist, dass 28 % der über 50-Jährigen angeben, bereit zu sein, einen Teil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu hinterlassen.
Was ist anders am Erbschaftsfundraising?
Erbschaftsfundraising unterscheidet sich wesentlich von anderen Fundraising-Methoden, was mehrere Aspekte betrifft. Erstens handelt es sich oft um die größte Einzelspende, die eine Person tätigt. Die durchschnittlichen Beträge, die vererbt werden, liegen deutlich über den Summen, die zu Lebzeiten gespendet werden. Ein weiterer fundamentaler Unterschied liegt im Entscheidungsprozess: Eine Erbschaftsspende stellt ein festgelegtes Versprechen dar, da die Organisation die Spende erst nach dem Ableben der Person erhält. Dies macht das Erbschaftsfundraising zu einer Investition in die Zukunft, denn heute zugesagte Erbschaftsspenden werden oft erst Jahre später realisiert. Der Entscheidungsprozess für eine Erbschaftsspende ist zudem in der Regel länger und basiert vor allem auf persönlichen Motiven, prägenden Lebensmomenten und -entscheidungen. Viele Menschen möchten mit ihrer letzten Spende etwas ermöglichen, das ihnen zu Lebzeiten besonders am Herzen lag, oder eine Organisation unterstützen, die ihnen selbst oder einem geliebten Menschen geholfen hat. Daher trägt eine Erbschaftsspende oft eine tiefe symbolische Bedeutung und kann für die spendende Person von großer Wichtigkeit sein.
Aber wie anfangen?
Viele Organisationen wissen nicht so recht, wie sie mit Erbschaftsfundraising beginnen sollten, insbesondere auch da es um die sensible Kommunikation dieses Themas geht. Hier sind einige Schritte, wie Sie beginnen können, um das Thema Erbschaftsspenden erfolgreich in Ihr Fundraising zu integrieren:
1. Kommunikation über eigene Kanäle
Machen Sie den ersten Schritt, indem Sie auf Ihrer Website, in Ihrem Newsletter und in allen Informationsmaterialien, in denen Sie zur Unterstützung Ihrer Stiftung aufrufen, die Möglichkeit des gemeinnützigen Vererbens benennen. Dies kann Menschen, die sich für Ihre Arbeit interessieren und sich Ihrer Arbeit verbunden fühlen, inspirieren, um dies auch in Erwägung zu ziehen. Möglicherweise ist vielen Ihrer Unterstützer:innen noch gar nicht bewusst, dass sie Ihre Stiftung auch mit einer Spende im Testament unterstützen können.
2. Erstellung von Informationsmaterial
Entwickeln Sie eine Broschüre oder einen Flyer, der potenziellen Interessenten auf Anfrage zugesendet werden kann. Viele Organisationen bieten inspirierende Beispiele für solches Informationsmaterial. Ein einfaches PDF kann schon ein erster Anfang sein, aber es kann auch sinnvoll sein, professionelle Hilfe für die Entwicklung einer Broschüre zu suchen. Wichtig ist, dass Ihre Broschüre nicht nur erklärt, wie man gemeinnützig vererben kann, sondern auch die Erfolge und die zukünftige Arbeit Ihrer Organisation hervorhebt und aufzeigt, welchen Unterschied Spender:innen mit einer Erbschaftsspenden machen können.
3. Stimulierung von Kontakt
Halten Sie den Kontakt zu Interessenten aufrecht und identifizieren Sie potenzielle Erbschaftsspender:innen. Manche Interessierte oder auch Versprecher:innen haben doch noch Fragen zu ihrer möglichen Erbschaftsspende. Auch nachdem Menschen die Spende festgelegt haben, kann Kontakt mit Ihrer Organisation diese Entscheidung immer wieder bestätigen und Erbschaftspender:innen ein gutes Gefühl geben.
4. Sammeln Sie die Geschichten und Motivationen
Oft verbürgen sich hinter einer Zusage und Erbschaftsspende interessante Geschichten. Fragen Sie nach den Motiven für die Entscheidung und ob Sie diese teilen dürfen. Persönliche Geschichten können andere inspirieren. Vielleicht ist jemand bereit für ein Interview, das Sie auf Ihrer Webseite, in Ihrem Magazin teilen können. Möglicherweise ist die Person sogar dazu bereit hierzu bei einer Veranstaltung oder in einem Video mehr zu erzählen. Wenn Sie schon eine Erbschaftsspende erhalten haben, können Sie auch Familien oder Freunde der verstorbenen Person fragen, ob sie bereit wären, mehr über die Person und die möglichen Beweggründe hinter der Spende zu erzählen. Dies kann sehr inspirierend wirken. Einige Organisationen haben sogar spezielle Orte oder Kunstwerke errichtet, um Ihre Erbschaftsspender:innen zu ehren, auch hier können diese Geschichte Teil von sein.
Fazit
Der Schlüssel liegt darin, eine offene und einladende Kommunikation zu pflegen und gleichzeitig die Bedeutung und den Wert von Erbschaftsspenden sowohl für die Organisation als auch für die Spender:innen hervorzuheben. Durch die Förderung eines Verständnisses dafür, wie Erbschaftsspenden einen langfristigen Einfluss haben können, ermutigen Sie mehr Menschen, über diese Form des Gebens nachzudenken.
Foto: RBGallery, stock.adobe.com
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Für einen leichten Einstieg in die gemeinnützigkeitsrechtlichen Fragen im Fundraising!
Autorin dieses Fachbeitrags
Lena Vizy ist bei Legacy Futures tätig, einer Agentur, die auf Erbschaftsfundraising spezialisiert ist. Sie berät sowohl große als auch kleine Organisationen und Stiftungen beim Auf- und Ausbau von Aktivitäten im Bereich des gemeinnützigen Vererbens.
www.legacyfutures.com
„Erbschaftsfundraising bietet große Potenziale für Stiftungen – es ist jedoch wichtig, diese Form des Fundraisings passend und professionell in der Organisation aufzubauen. Wir beraten Sie hierzu gerne.“
Lena Vizy
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