Was für ein Jahr
Das Börsenjahr 2020 ist am besten mit Zitaten zu beschreiben. „Runter mit dem Fahrstuhl und rauf mit der Treppe“ oder „Das neue Jahrtausend beginnt jetzt erst richtig“ sind die wohl treffendsten Aussagen. Frank Wieser wirft einen Blick ins letzte Jahr zurück und trifft eine Einschätzung für das nächste Börsenjahr.
Rückblick 2020
Nimmt man die reinen Zahlen, so war es ein ordentliches Börsenjahr. Der DAX stieg um etwas über drei Prozent, der weltweite Index MSCI um über zehn Prozent. Schon allein diese Betrachtung zeigt, dass es erhebliche Verwerfungen bzw. Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung gab. Corona-bedingt haussierten Werte aus den Bereichen Lieferservice, Streaming, Medizintechnik und digitalen Lösungen. Die „Old Economy“ wie Stahl, Autos und Touristik waren generelle Verlierer und zeichneten sich durch Verluste in zweistelliger Höhe aus.
Neben bestimmten Aktienwerten waren Gold und Bitcoin die Gewinner des Jahres. Das ist kein Wunder, denn beiden Assetklassen wird nachgesagt, dass sie gegen Inflation schützen (eine Aussage, die empirisch schon lange widerlegt ist, aber trotzdem gerne als Erklärung herangezogen wird). Dass Inflationsgefahren drohen, ist angesichts der weltweiten Verschuldung nachvollziehbar. Wir haben jetzt höhere Verschuldungsquoten als zum Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs. Allerdings gibt es diesbezüglich einen Riesenunterschied: Aufgenommene Schulden werden in einer militärischen Auseinandersetzung quasi „verpulvert“, während die jetzige Verschuldung überwiegend dazu dient, eine Brücke in die Post-Corona-Zeit zu bauen.
Ausblick 2021
Gute Vermögensverwalter müssen sich daran messen lassen, im vergangenen Jahr ein kleines Plus für ihre Kunden erwirtschaftet zu haben. Besonders wichtig war die Fähigkeit, auf die richtigen Zukunftsaktien zu setzen. Aktives Management war gefordert – passive Investments via ETFs sind quasi „out“. Neben der konkreten Aktienauswahl wird aber auch Mut zu den Erfolgsfaktoren gehören. Derzeit herrscht bei den Investmentprofis die allgemeine Meinung vor, dass die globale Verschuldung die Börsenparty weiter befeuern wird. Eine anstehende Konjunkturerholung wird aber an einigen Ländern und Branchen vorbeigehen, während andere überproportional profitieren werden. Die Dinge werden und müssen sich ändern. Exemplarisch sehen wir das an dem Bereich der nachhaltigen Investments, die ebenfalls zu den Gewinnern des letzten Jahres gehören. Statt mit Auto oder Flugzeug zum geschäftlichen Meeting zu reisen, nutzen wir alle inzwischen Videomeetings. Das ersetzt zwar nicht den einen oder anderen persönlichen Austausch, schont aber die Umwelt und wird uns erhalten bleiben.
Die Coronakrise hat bei allen negativen Dingen auch etwas positiv Schöpferisches. Wollen wir denn wirklich, dass Schulen und Gesundheitsämter zukünftig ohne digitale Lösungen arbeiten? Haben nicht die Unternehmen gezeigt, dass flexible Homeoffice-Lösungen möglich und praktikabel sind? Unsere Wirtschaft wird und muss sich neu aufstellen, und genau darin liegen große Chancen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens – insbesondere bei dem, was man möchte und nicht, bei dem was man nicht möchte. Vor uns liegen spannende und chancenreiche (Börsen-)Jahre. Diejenigen, die mutig und klug agieren, dürften dafür mit einer überproportionalen Rendite entschädigt werden.
Foto: spuno, stock.adobe.com
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