Gemeinnützigkeit aberkannt – was tun?!
Teil V der Reihe „Gemeinnützig bleiben“
Das schlimmste Szenario für eine gemeinnützige Organisation ist der Verlust der Gemeinnützigkeit. Im Januar 2019 beispielsweise fällt das Urteil gegen den globalisierungskritischen Verein attac – der Bundesfinanzhof entzieht der Organisation die Gemeinnützigkeit. Was bisher aus der Presse bekannt ist, kann bei allen Vereinen, Stiftungen und gGmbHs zur bedrohlichen Wirklichkeit werden.
Bei Aberkennung der Gemeinnützigkeit für einen bestimmten Zeitraum oder im grundsätzlichen Sinne drohen nicht nur hohe Steuernachzahlungen und eine erhebliche Spendenhaftung, sondern ebenso Rückforderungen staatlicher oder anderer Förderungen. Außerdem können an Spender und Mitglieder keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt werden, falls die Gemeinnützigkeit weiterhin aberkannt bleibt.
Einspruch!
Welche Möglichkeiten bestehen zur Verhinderung des Wegfalls der Gemeinnützigkeit oder zu deren Wiedererlangung?
Es gibt nur einen Weg: Legen Sie Einspruch gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit ein! Klären Sie , was die Finanzbehörde im Einzelnen beanstandet und welche Begründungen angegeben werden. Das Ergebnis sollte mit den eigenen Zahlen und Unterlagen abgeglichen werden, eventuell ergibt sich hieraus bereits, dass die Annahmen des Finanzamts nicht vollumfänglich zutreffend sind.
Betrachten Sie dabei genau die steuerlichen und außensteuerlichen Folgen: Was genau betrifft die Aberkennung? Ist beispielsweise nur die Möglichkeit, Zuwendungsbestätigungen auszustellen oder sind auch Rückzahlungen von Fördermitteln betroffen. Darüber hinaus sind Haftungsfragen der beteiligten Personen und Berater zu klären.
Detailliert muss die Nachversteuerung bei Aberkennung geprüft werden. Da das Steuerrecht sehr komplex ist, kann nur nach ausführlichen Berechnungen eine konkrete Angabe zum nachzuzahlenden Betrag getroffen werden.
Vorsicht bei der Steuer
Der Verlust der Gemeinnützigkeit wirkt sich auf die ertrag- und die umsatzsteuerliche Behandlung der Organisation aus.
Bei gemeinnützigen Organisationen sind Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer steuerfrei, wenn die Bruttoeinnahmen aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben 45.000 Euro (bis 2020 35.000 €] im Jahr nicht übersteigen. Für Jahre, für die die Gemeinnützigkeit aberkannt wird, gilt diese Grenze nicht mehr. Gewinne, die bisher wegen Unterschreiten dieser Grenze steuerfrei waren, werden bei Wegfall der Gemeinnützigkeit rückwirkend steuerpflichtig.
Sofern Einnahmen im Bereich der Vermögensverwaltung und der Zweckbetriebe umsatzsteuerpflichtig sind, gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent statt 19 Prozent. Die Ermäßigung des Steuersatzes gilt aber nur für gemeinnützige Organisationen. Wird die Gemeinnützigkeit aberkannt, erhöht sich der Steuersatz rückwirkend auf 19 Prozent.
Suchen Sie das Gespräch!
Gespräche mit der Finanzverwaltung können zur Lösung führen.
Im dritten Schritt, bei Vorliegen aller Fakten, wird die passende Strategie entwickelt. Eventuell gibt es Verhandlungsspielräume und Kompromisse. Wichtig ist es, sachlich zu bleiben und gemeinsam mit der Finanzverwaltung eine konstruktive Lösung zu finden. Eine Geldstrafe zu akzeptieren ist oftmals die bessere Alternative als der Verlust der Gemeinnützigkeit. Erfolgsaussichten und die Kosten eines langwierigen Verfahrens müssen bedacht werden, der Ruf und die Arbeit der gemeinnützigen Organisation sind gefährdet. Bei schnellem und richtigem Handeln kann die Gemeinnützigkeit gerettet beziehungsweise wiedererlangt werden.
Die Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit folgt denselben Vorgaben wie die erstmalige Beantragung. Hierfür gibt es zwei Wege: Der Antrag auf gesonderte Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO oder das Veranlagungsverfahren. Bei dem Veranlagungsverfahren sind ausschließlich die entsprechende Steuererklärung (GEM 1) und Tätigkeitsberichte für den entsprechenden Veranlagungszeitraum abzugeben. Die Bescheinigung nach § 60a AO ist hierbei für den Spendenabzug von Bedeutung. Alle weiteren Vorteile der Gemeinnützigkeit werden nach Prüfung der Steuererklärung durch das Finanzamt gewährt.
Weiterlesen
- Gemeinnützig bleiben, Teil I: Der ideelle Bereich
- Gemeinnützig bleiben, Teil II: Der Zweckbetrieb
- Gemeinnützig bleiben, Teil III: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb
- Gemeinnützig bleiben, Teil IV: Aberkennung der Gemeinnützigkeit
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