Das Börsenjahr 2021
Ein Beitrag von Frank Wieser, Geschäftsführer und Leiter Finanzen im Haus des Stiftens
(ab 1.2.2022, siehe Pressemitteilung)
Erstveröffentlichung im Newsletter Januar 2022 – Newsletter abonnieren
Man sieht es auf den ersten Blick: 2021 war ein gutes Jahr für Anleger! Die weltweiten Aktienindices stiegen teilweise zweistellig, und als Anleger hatte man nichts weiter zu tun, als die Nerven zu behalten und investiert zu bleiben. Doch schauen wir etwas genauer hin.
Jahresverlauf
Beim genaueren Betrachten des Jahresverlaufs erkennt man eine Art Zweiteilung. Der größte Teil der Kursgewinne war bis zum Frühjahr möglich. Die Erleichterung über rückläufige Coronazahlen, das scheinbare Ende des amerikanisch-chinesisches Handelskonfliktes und der endgültige Vollzug des Brexits sorgten dafür, dass die Kurse innerhalb weniger Monate stark anstiegen.
Das weitere Jahr verzeichnete nur noch kleinere Zuwächse. Mit immer weiter steigenden Inflationszahlen kam das Angstgespenst einer „Stagflation“ zurück – einer Mischung aus Inflation und stagnierendem Wirtschaftswachstum. Kursdellen im September und November geben schon einen kleinen Vorgeschmack auf 2022.
Inflation
Das Comeback der Inflation kam nicht wirklich überraschend. Riesige Geldmengen sind durch die Aufkaufprogramme der Notenbanken im Umlauf, und steigende Rohstoff- bzw. Rohölpreise tun ihr übriges. Auch Gold als Allheilmittel gegen Geldentwertung enttäuschte auf breiter Front. Der reine Goldpreis bewegte sich auf Jahresbasis nicht von der Stelle und es zeigte sich mal wieder, dass Gold eher ein Kriseninvestment als ein Inflationsinvestment ist.
Allerdings spricht viel dafür, dass die Inflationsraten ihren Peak bereits überschritten haben und nun eine gemäßigte Geldentwertung zu erwarten ist. Viele Volkwirtschaftler gehen sogar von einer möglichen Halbierung der Inflationsrate noch im laufendem Jahr aus.
Zinserhöhung
Neben dem unschönen Phänomen der Geldentwertung war 2021 auch von ersten Zinserhöhungstendenzen geprägt. Der Kursindex REX für Deutsche Staatsanleihen verlor fast 4 Prozent. In Kombination mit einer gestiegenen Inflation muss man leider feststellen, dass normale Anleihen ein echtes Verlustgeschäft waren. Das trifft gerade gemeinnützige Organisationen an einer empfindlichen Stelle, denn sie legen ihr Geld eher konservativ an – einer niedrigen Aktienquote steht eine hohe Anleihequote gegenüber. Gewinne der Aktien können häufig nicht die Verluste der hochgewichteten Anleihen kompensieren.
Solchen Organisationen empfiehlt sich der Blick in die eigenen Anlagerichtlinien. Vielleicht ist ja die maximale Aktienquote aus Vorsichtsgründen nicht ausgeschöpft. Eine Überprüfung lohnt immer!
Ausblick
Was dürfte uns 2022 bringen? Die Zinserhöhungstendenzen gehen weiter, denn die Notenbanken müssen die riesigen Geldmengen wieder in den Griff bekommen. Wer also in Anleihen investiert ist, muss mit weiteren Kursverlusten rechnen. Die Aktien sind im letzten Jahr zweistellig gestiegen und befinden sich in der Nähe alter Höchstkurse. Das sind keine guten Vorzeichen für das angefangene Jahr. Etwas Cashhaltung (immer noch besser als Verluste in Anleihen zu erzielen) oder die Investition in Aktien mit hoher Dividendenrendite sind angesagt. Gute Nerven wird man zusätzlich brauchen.
Foto: Treecha, stock.adobe.com
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