Tages- und Festgelder
Einführung, Einschätzung und Tipps für gemeinnützige Investoren
Tages- und Festgelder sind seit Anstieg des Zinsniveaus wieder attraktiv und bieten Stiftungen und allen anderen Anlegern, die auf Sicherheit und Ausschüttung bedacht sind, deutliche Vorteile. Doch was bedeutet der Zinsanstieg konkret? Worauf man achten und welche Risiken könnten bestehen?
Ein Fachbeitrag von Marc Lindenpütz
Stiftungs-News Juni 2024 – Newsletter abonnieren
Der kleine Unterschied
Zuerst zur Unterscheidung: Worin liegt der Unterschied zwischen Tages- und Festgeldern?
Tagesgeld ist, wie der Name schon sagt, eine täglich fällige und ohne Kündigungsfrist verfügbare Einlage bei einem Kreditinstitut. Somit bietet diese Einlage ein maximales Maß an Flexibilität. Der Nachteil dabei: Der Zins ist nahezu variabel und kann von der Bank an die aktuelle Marktlage angepasst werden.
Festgelder hingegen haben eine feste Laufzeit, die in der Regel mindestens einen Monat bis zu mehreren Jahren beträgt. Während dieser Zeit können die Einleger nicht über das angelegte Kapital verfügen. Der Vorteil dieser Anlage liegt in dieser ‚Illiquiditätsprämie‘, die sowohl dem Kreditinstitut, als auch dem Einleger maximale Planungssicherheit bietet: Beide wissen bei Abschluss der Geldanlage genau, wie lange das Kapital angelegt ist und welcher Zins vereinbart wird. Dieser verändert sich während der Laufzeit nicht und liegt häufig höher als der Tagesgeld-Zinssatz. Dabei gilt: Vorsicht vor Lockangeboten, die nur für kurze Zeit einen höheren Zins vorsehen oder versteckte Kosten mit sich bringen.
Die Entscheidung
Worauf kommt es bei der Entscheidung zwischen Tages- und Festgeld an? Grundsätzlich auf mehrere Komponenten:
- Im Voraus sollte die Frage geklärt werden, auf welches Kapital länger verzichtet werden kann und wie viel kurzfristig, zum Beispiel für die Begleichung von Rechnungen, verfügbar sein muss. Anhand dieser Fragestellung ergeben sich möglicherweise erste Anhaltspunkte, welche Anlage passend ist.
- Zudem ist der Renditeanspruch eine nicht zu vernachlässigende Komponente. Ist es wichtig maximalen Ertrag aus der Geldanlage rauszuholen und kann dafür auf tägliche Verfügbarkeit verzichtet werden? Oder ist der Renditeanspruch geringer und das Augenmerk liegt auf der Flexibilität?
- Diese beiden erstgenannten Aspekte münden in dem dritten wichtigen Aspekt: Der eigenen Markterwartung.
Die eigene Markterwartung
Szenario steigende Zinsen
Welche Erwartung habe ich an die künftige Zinsentwicklung? Gehe ich beispielsweise davon aus, dass die Zinsen tendenziell auf dem gleichen Niveau verharren oder sogar weiter steigen, so ist die Anlage auf dem Tagesgeldkonto oder in kurzlaufenden Festgeldern interessant. Diese Strategie ermöglicht es, Stück für Stück von den steigenden Zinsen zu profitieren. Denn bei Auslaufen der kurzfristigen Festgelder, kann das Kapital, vorausgesetzt alle anderen Rahmenbedingungen bleiben unverändert, zu einem erhöhten oder zumindest gleichbleibenden Niveau wieder angelegt werden. Auch Tagesgelder können von steigenden Zinsen profitieren.
Szenario sinkende Zinsen
Wie sieht es aber aus, wenn ich von einem eher früher als später sinkenden Zinsniveau ausgehe? Oder von grundsätzlich niedrigeren Zinsen in der Zukunft? In diesem Falle wäre ein Verbleib der Gelder im Tagesgeldbereich oder einer erneuten Anlage in kurzlaufenden Festgeldern nicht sinnvoll. Insbesondere dann, wenn grundsätzlich längere Laufzeiten für einen Teil der Gelder in Kauf genommen werden können. Dieses Risiko ist als sogenanntes Zinsänderungsrisiko bekannt und beschreibt den Umstand, dass fällig werdende Anlagen zu einem niedrigeren Zins neu angelegt werden, als es bisher der Fall war. Dieser Zinsrückgang, sollte er eintreten, ist bei Tagesgeldern schneller zu beobachten, da Banken hier häufig mit sogenannten Zinsgleitklauseln arbeiten, die teilweise monatlich oder quartalsweise Anpassungen ermöglichen.
Indikatoren für die Zinsentwicklung
Aber wie lässt sich die künftige Zinsentwicklung bestmöglich abbilden, und was sind Anzeichen, die eine Prognose ermöglichen? Ohne zu tief in die Thematik einzusteigen, seien hier Inflation, Verschuldung und inverse Zinsstruktur genannt.
Inflation: Erinnern wir uns daran, warum die Zinsen in den letzten Jahren so rasant gestiegen sind: Der Grund war die steigende Inflation. Wie hängen Inflation und Zinsen zusammen? Wenn die Inflation zu hoch wird, können Zentralbanken die Zinssätze erhöhen. Höhere Zinsen machen Kredite teurer, was die Ausgaben von Unternehmen und Verbrauchern reduziert. Dadurch sinkt die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen, was wiederum den Preisanstieg verlangsamen kann. Auf diese Weise können höhere Zinsen helfen, die Inflation zu bremsen. Tendenziell ist in den letzten Monaten eine zwar hartnäckige, aber sinkende Inflation zu beobachten.
Verschuldung: In den letzten Jahren, insbesondere in der Zeit der Null- und Negativzinsen, wurden enorme Schuldenberge aufgebaut. Diese drohen zu einer erhöhten Belastung zu werden, sobald die fällig werdenden Schulden zu höheren Zinsen verlängert werden müssen. Wenn aber alle – private Haushalte, Unternehmen, Organisationen und sogar Staaten – mehr für ihre Schulden zahlen müssen, kann dies zu einer breiteren wirtschaftlichen Verlangsamung führen, weil weniger Geld für Konsum und Investitionen zur Verfügung steht. Zentralbanken beobachten diese Dynamik genau und könnten gezwungen sein, die Zinserhöhungen zu bremsen oder sogar die Zinsen wieder zu senken, um eine zu starke Belastung der Wirtschaft zu vermeiden.
Inverse Zinsstrukturkurve: Aktuell lässt sich ein Phänomen beobachten, das in der Vergangenheit häufig ein Vorbote fallender Zinsen war: die inverse Zinsstrukturkurve. Diese bedeutet im Wesentlichen, dass für kurzfristige Anlagen höhere Zinsen gezahlt werden als für langfristige Anlagen. Die inverse Zinsstrukturkurve signalisiert oft, dass Anleger negative wirtschaftliche Entwicklungen erwarten und davon ausgehen, dass die Zentralbank die Zinssätze in Zukunft senken wird, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
Alle drei Faktoren deuten darauf hin, dass in absehbarer Zeit die Zinsen sinken könnten. Wie und in welcher Stärke dies geschehen wird, ist schwierig zu erfassen und sprengt die Grenzen dieses Artikels. Allerdings geben sie einen Hinweis darauf, dass sich Anleger, die auf Sicherheit und stabile Erträge abzielen – wie Stiftungen – , mehr mit der Thematik der mittel- oder langfristig angelegten Gelder auseinandersetzen sollten, um sich das aktuelle Zinsniveau möglichst lange zu sichern.
Einige Tipps zum Abschluss
Es ist ratsam, nicht direkt das erste Angebot anzunehmen, das einem entgegengebracht wird. Vergleichen lohnt sich in den meisten Fällen. Immerhin geht es darum, einen Zinsertrag zu erzielen, um den guten Zweck zu erfüllen. Es sei jedoch erwähnt, dass Zinsportale mit Vorsicht zu genießen sind und nicht immer eine gute Idee für gemeinnützige Anleger darstellen. Denn gerade bei Zinsportalen werden teilweise Banken aufgeführt, die zwar einen sehr verlockenden und hohen Zins zahlen, jedoch nicht immer der Einlagensicherung unterliegen. Sollten Zinsen deutlich oberhalb des aktuellen Niveaus angeboten werden, ist Vorsicht geboten, denn der Zins ist auch ein Risiko-Indikator.
Abschließend lässt sich sagen, dass ein besonderes Augenmerk auf der Liquiditäts- und Fälligkeitsplanung liegen sollte, um eine gesunde Mischung aus Liquidität und Fälligkeiten im mittel- und langfristigen Bereich aufzubauen. Diese gewährleisten am ehesten eine gute Balance aus Flexibilität und langfristig stabilen Erträgen, welche dann noch um weitere Anlageklassen ergänzt werden können.
Foto: fotomek, stock.adobe.com
Autor dieses Fachbeitrags
Marc Lindenpütz ist diplomierter Bankbetriebswirt. Er arbeitet seit 2024 als Projektmanager im Bereich Vermögen und Finanzen im Haus des Stiftens. Zuvor war er bei der Volksbank Oberberg tätig.
„Für den gemeinnützigen Sektor ist eine kluge Anlagestrategie entscheidend. Der Zinssicherung sowie der Planung von Liquidität und Fälligkeiten sollte neben der konsequenten Nutzung aller Anlageklassen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.“
Marc Lindenpütz
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