Gemeinnütziges Vererben II: Wie geht’s weiter?
Erbschafts- bzw. Nachlassfundraising II – Teil 6 der Reihe „Spenden und Fundraising“
In einem früheren Newsletter hat Sie der Fachbeitrag von Lena Vizy besonders interessiert: Er ermutigte gemeinnützige Organisationen jeder Größe, mit Nachlassfundraising zu beginnen. Aufgrund der positiven Resonanz freuen wir uns, Ihnen nun den zweiten Teil zu präsentieren: Wie gemeinnützige Organisationen ihr Erbschaftsfundraising erfolgreich ausbauen können.
Ein Fachbeitrag von Lena Vizy
Stiftungs-News September 2024 – Newsletter abonnieren
Weiterentwicklung Ihres Nachlassfundraising
Wenn Sie bereits erste Kommunikationsmittel entwickelt haben, ist es an der Zeit, Ihre Marketingmaßnahmen weiter auszubauen, um noch mehr Menschen zu inspirieren, eine Erbschaftsspende an Ihre Organisation in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig ist es wichtig, Interessenten bei ihrer Entscheidung zu unterstützen und den Kontakt zu pflegen.
Ein erfolgreiches Fundraising-Programm basiert auf zwei Säulen:
- Gezielte Fundraising- und Marketingmaßnahmen zur Bewerbung von Erbschaftsspenden
- Umfassende Beziehungspflege (Stewardship) möglicher Erbschaftsspender:innen
Vorab: Die Relevanz einer überzeugenden „Legacy Proposition“
Bevor Sie mit der praktischen Umsetzung beginnen, ist es wichtig, Ihre „Legacy Proposition“ klar zu definieren, sprich: Ihr starkes und differenziertes Wertversprechen, das den Nutzen einer Erbschaftsspende an Ihre Organisation hervorhebt. Was wird die Erbschaftsspende an Ihre Organisation ermöglichen? Warum sollte man gerade an Ihre Organisation vererben und nicht an eine andere?
Oftmals fehlt es Organisationen an klarem, überzeugendem Messaging. Es reicht nicht, zu sagen, dass man durch eine Erbschaftsspende eine „bessere Welt“ hinterlässt – das ist nicht differenzierend. Entscheidend ist, den Impact einer Erbschaftsspende aus der Perspektive potenzieller Spender:innen zu formulieren.
Fundraising- und Marketingaktivitäten
Ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung Ihres Nachlassfundraisings ist die gezielte Ansprache Ihrer bestehenden und potenziellen Unterstützer:innen.
Einige praktische Möglichkeiten
Mailings
Entwickeln Sie ein Mailing, das Ihre Erbschaftsbroschüre bewirbt. Es sollte klar und inspirierend gestaltet sein. Erläutern Sie nicht nur allgemein die Möglichkeit des gemeinnützigen Vererbens, sondern heben Sie die Erfolge und den zukünftigen Impact Ihrer Organisation hervor. Zeigen Sie auf, welchen Unterschied Spender:innen mit einer Erbschaftsspende bewirken können.
Umfragen
Führen Sie eine Umfrage unter Ihren Spender:innen durch, die auch das Thema Erbschaftsspenden anspricht. Fragen Sie, ob sie sich vorstellen können, Ihre Organisation im Testament zu berücksichtigen, und bieten Sie weitere Informationen an. Stellen Sie sicher, dass der Kontakt zu Interessierten später leicht aufgebaut werden kann.
Telemarketing
Einige Organisationen haben gute Erfahrungen mit Telemarketing gemacht, also der telefonischen Kontaktaufnahme mit potenziellen Spender:Innen. Wichtig ist, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten, die Erfahrung mit dem sensiblen Thema Erbschaftsspenden hat und qualitativ hochwertige Gespräche mit Ihren Spender:innen führt.
Veranstaltungen
Organisieren Sie eine Veranstaltung zum Thema Vererben, in Präsenz oder auch digital. Dadurch bekommen Sie die Gelegenheit, direkt mit Interessierten ins Gespräch zu kommen und die Bedeutung sowie den Nutzen einer Erbschaftsspende zu erläutern.
Digitale Kommunikation und Social Media
Digitale Kommunikation wird im Nachlassfundraising immer wichtiger. Die Annahme, dass potenzielle Erbschaftsspender:innen nicht digital aktiv sind, ist überholt. 86 % der Babyboomer, Ihre zentrale Zielgruppe für das Nachlassfundraising, nutzen mobiles Internet. WhatsApp und Facebook werden von ihnen fast genauso häufig genutzt wie von jüngeren Generationen. Eine Testkampagne auf Social Media, insbesondere auf Facebook, ist oft günstiger und effektiver als traditionelle Medienanzeigen und führt häufig zu direkten Reaktionen von Interessierten.
Beziehungsmanagement (Stewardship)
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Nachlassfundraisings ist die beständige Pflege der Beziehungen zu Interessierten.
Eine Ansprechperson
Halten Sie den Kontakt aufrecht, wenn Interesse bekundet wurde oder vielleicht bereits eine Erbschaft zugesagt wurde, und beantworten Sie eventuelle Fragen. Es ist hilfreich, eine feste Ansprechperson innerhalb Ihrer Organisation zu haben.
Warme Tonalität
Ob in Gesprächen, Broschüren, Briefen oder Berichten – achten Sie auf einen warmen, herzlichen und positiven Ton. Aus Erfahrung weiß ich, dass das Thema ‚Vererben‘ von vielen Interessierten nicht als belastend empfunden wird, sondern vielmehr als etwas Positives. Es ermöglicht ihnen, selbst zu entscheiden, welche ‚guten Zwecke‘ ihnen so am Herzen liegen, dass sie diese auch in ihrem Testament unterstützen möchten – oft erleben sie es als eine Form von Selbstermächtigung, diese Entscheidung bewusst zu treffen.
Regelmäßige Kommunikation
Halten Sie das Interesse durch regelmäßige Updates über die Arbeit Ihrer Organisation und den Impact von Erbschaftsspenden aufrecht. Dies kann digital oder per Post erfolgen. Besonders in der Orientierungsphase (z. B. nach der Anfrage einer Broschüre) sind regelmäßige Berührungspunkte, sogenannte Touchpoints, wichtig. Aus diesem Grund entwickeln Organisationen immer öfter „Legacy Donor Journeys“, in der sie den gesamten Prozess festhalten, den eine Person durchläuft, bevor und während sie sich für einen Nachlass entscheidet – und auch danach.
Da der Entscheidungsprozess oft länger ist, senden Organisationen den Interessierten regelmäßig Informationen zu, z. B. Erfahrungsberichte und Testimonials von Personen, die sich schon für eine Erbschaftsspende entschieden haben, Impactberichte zu Erbschaftsspenden oder Tipps zum Schreiben eines Testaments.
Dankbarkeit zeigen
Zeigen Sie Ihre Dankbarkeit gegenüber jenen, die sich mit dem Gedanken an eine Erbschaft oder einen Nachlass beschäftigen und den sogenannten „Versprecher:innen“, die bereits zugesagt haben, Ihre Organisation per Erbschaft zu begünstigen. Ein einfaches Dankschreiben, vielleicht mit einer persönlichen Notiz, kann viel bewirken und das Gefühl der Verbundenheit stärken.
Fazit
Ein erfolgreiches Nachlassfundraising erfordert eine ausgewogene Mischung aus gezielten Fundraising- und Marketingmaßnahmen, einer klar definierten Legacy Proposition und kontinuierlicher Kontaktpflege. Indem Sie Ihre Unterstützer:innen gezielt ansprechen, (digitale) Kanäle effektiv nutzen und den Kontakt zu Interessierten und Versprecher:innen pflegen, können Sie Ihr Programm weiter ausbauen und mehr Menschen dazu ermutigen, Ihre Organisation in ihrem Testament zu berücksichtigen.
Foto: RBGallery, stock.adobe.com
Über die Reihe Spenden und Fundraising
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Für einen leichten Einstieg in die gemeinnützigkeitsrechtlichen Fragen im Fundraising!
Autorin dieses Fachbeitrags
Lena Vizy ist bei Legacy Futures tätig, einer Agentur, die auf Erbschaftsfundraising spezialisiert ist. Sie berät sowohl große als auch kleine Organisationen und Stiftungen beim Auf- und Ausbau von Aktivitäten im Bereich des gemeinnützigen Vererbens.
www.legacyfutures.com
„Erbschaftsfundraising bietet große Potenziale für Stiftungen – es ist jedoch wichtig, diese Form des Fundraisings passend und professionell in der Organisation aufzubauen. Wir beraten Sie hierzu gerne.“
Lena Vizy
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