Investments in Mikrofinanzanlagen
Informationen zu einer Anlageform
Von Jürgen Reiss, Stiftung Stifter für Stifter, Juli 2019
Seit Mohammad Yunus 1983 mit der Gründung der Grameen Bank ein völlig neues Segment zur Vergabe von Krediten eröffnete, werden alternative Investments in Mikrofinanzfonds immer wieder für Stiftungen (und andere gemeinnützige Interessierte) ins Rampenlicht gerückt. Das Interesse an dieser Anlageform wird aus zwei Richtungen getrieben. Zum einen herrscht ein allgemeiner Anlagenotstand für Stiftungsmittel, die verzinslich und zugleich kapitalerhaltend angelegt werden müssen. Zum anderen werden in der Stiftungsszene Kapitalanlagen propagiert, die – ESG-Kriterien folgend – den Stiftungszweck nicht nur nicht konterkarieren, sondern ihn unmittelbar fördern sollen. Auch die Finanzämter folgen zunehmend dem Positivkriterium impact investing, das eher auf Sozial- als auf Kapitalrenditen abzielt.
Davon profitiert auch der Markt für Mikrofinanzfonds. Bei zugegebenermaßen mageren Nettorenditen von 0,5 – 2 Prozent erfüllen sie zwei Erfordernisse: Sie versprechen einen unmittelbaren Nutzen für bedürftige Personen in armen Ländern und sie sind, soweit sie breit gestreut sind, relativ schwankungsarm. Da sie nicht in Anleihen oder Aktien, sondern Kredite investieren, korrelieren sie kaum mit den anderen Anlageklassen und mindern so das Risiko eines nachhaltigen Kapitalverlusts.
Das Prinzip klingt relativ einfach. Die Stiftung investiert in einen Mikrofinanzfonds, der in seiner Konstruktion einem Publikumsfonds gleicht. Dieser Fonds vergibt nach selbst auferlegten Kriterien Gelder an Intermediäre in den Zielländern. Diese Intermediäre sind meist Mikrofinanzinstitute (MFIs), die die „letzte Meile“ des Geldes zu den Kreditnehmern bedienen. Die Kreditnehmer sind Einzelpersonen, Personengruppen und Kleinunternehmer, denen meist der Zugang zu Bankdienstleistungen fehlt und die auch keine banküblichen Sicherheiten für ihre Kleinstkredite – häufig unter 100 Euro pro Vergabe – stellen können. Der Aufwand der MFIs ist personalintensiv und in der Verwaltung sehr hoch, so dass Zinsen von 20 Prozent und mehr pro Monat nicht unüblich sind. Dennoch ist die Rückzahlungsquote von Zins und Tilgung mit mehr als 95 Prozent recht stabil, denn im Vergleich zu den lokalen Geldverleihern ist dieser Zins der ethisch agierenden MFIs moderat. Maßgeblich für die ethische Beurteilung der MFIs ist die Art und Weise, wie sie bei der Auswahl der Kreditnehmer, ihrer Beratung und Schulung sowie bei der Eintreibung der Außenstände agieren. Der Schweizer Fondsanbieter ResponsAbility hält weltweit ca. 500 Institutionen mit MFI-Tätigkeit für geeignete Partner, die die strengen ESG-Kriterien erfüllen. 2018 belief sich der Gesamtmarkt auf 70 bis 100 Mrd. US-Dollar, mit jährlichen Zuwächsen von 10 bis 20 Prozent (Quelle: ResponsAbility März 2019).
In Deutschland gut bekannt und etabliert sind die nachfolgenden Anbieter von Mikrofinanzfonds, die die Armut in Schwellen- und Entwicklungsländern durch die Vermittlung von Mikrokrediten reduzieren wollen.
Anbieter | Fondsbezeichnung (Beispiel) | ISIN* |
---|---|---|
GLS Bank eG www.gls.de | IIV Mikrofinanzfonds | DE000A1143R8 |
Bank für Kirche, Caritas und Diakonie e.G. www.bkc-paderborn.de | Mikrofinanzfonds – III | LU1106543249 |
Oikocredit www.oikocredit.de | Oikocredit. Vereinsmitgliedschaft in einem Förderkreis erforderlich. | Erwerb von treuhänderisch gehaltener Beteiligung |
ResponsAbility Investments AG www.responsability.com | Micro and SME Finance Debt Fund | LU0302153209 |
* hier aufgeführt ist die ISIN der Tranche mit der geringsten Mindestanlagesumme
Die Fondsanteile werden in verschiedenen Tranchen angeboten, die entweder ausschüttend oder thesaurierend sind und sich bei den anfallenden Gebühren nach der Mindesthöhe der Einlage unterscheiden. Die wiederkehrenden Kosten liegen zwischen 1,2 und 2,1 Prozent p.a. Hinzu kommt ein Ausgabeaufschlag, der sich je nach Vertriebspartner und Verhandlungsgeschick zwischen 0 und 3 Prozent bewegt.
Neben den genannten Anbietern gibt es Mikrofinanzfonds, die von Banken betrieben werden und ihre Gelder an bankenabhängige MFIs in den Zielländern weitergeben. Für diese Institute steht das Erzielen einer Kapitalrendite im Vordergrund. Da das bei den Darlehensempfängern zu nicht vertretbaren Härten führen kann (bis hin zum Selbstmord für relativ kleine Außenstände), sollte im Einzelfall geprüft werden, wie diese Geschäftsbanken und die MFI-Partner jeweils verfahren.
Den Anlegern bieten Mikrofinanzfonds die Gelegenheit, ihr Geld sinngebend und wirksam arbeiten zu lassen. Die Risiken sollen jedoch nicht verschwiegen werden. Politische Verän-derungen, soziale Unruhen und die geringen Margen können dazu führen, dass die Rückführungsquote der Kredite massiv sinkt. Währungsschwankungen – in der Regel wird der investierte Euro zunächst im US-Dollar notiert und dann in der Landeswährung vergeben – können das ihre zu einer negativen Entwicklung beitragen. Die Fondsmanager begegnen dem durch eine breite Streuung ihrer Mittel auf viele Länder, Regionen, Währungen und Branchen. Die erreichte Zielgruppe ist eher klein. Denn die Vergabe solcher Mikrokredite entfaltet nur bei den Menschen Wirkung, die einen unternehmerischen Willen mit Mut zum finanziellen Risiko mitbringen.
Es gibt Finanzinstitute, die Kleinkredite auch in den Industrieländern vergeben, oft mit staatlicher Unterstützung für Unternehmer in der Gründungs- und Aufbauphase. Von diesen war hier nicht die Rede.
Foto: DavidArts, stock.adobe.com
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