Immobilien in Stiftungen – Fokus Wohnimmobilienmärkte
Versprechen die Wohnimmobilienmärkte deutscher Ballungszentren auch in Zukunft steigende Mieten und Kaufpreise? Um herauszufinden, ob Immobilien im Stiftungsvermögen noch immer eine gute Idee sind, ist die Antwort auf die vorangestellte Frage ausschlaggebend.
Ein Fachbeitrag von Maximilian Otten und Prof. Dr. Thomas Beyerle von der Catella Real Estate AG
Stiftungs-News Juni 2023 – Newsletter abonnieren
Top 7
In den deutschen Ballungszentren ist Wohnraum ein knappes Gut. Eine hohe Nachfrage in Kombination mit einem begrenzten Flächenangebot führte in den zurückliegenden Jahren zu stark steigenden Mieten und Kaufpreisen auf den entsprechenden Wohnimmobilienmärkten. In diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Wohnimmobilienmärkte der sogenannten Top 7 zu nennen – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Für eine große Anzahl privater Haushalte repräsentieren diese Regionen beliebte Wohnorte. Die Vorteile liegen beispielsweise in der Ansiedlung zahlreicher Unternehmen mit hoher Nachfrage nach Arbeitskräften oder einem breiten kulturellen Angebot.
Miet- und Kaufpreisdaten von vdpResearch zeigen einen deutlichen Anstieg der Mieten und Kaufpreise auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 in den vergangenen Jahren (vgl. Abb. 1) und verdeutlichen so die Beliebtheit dieser Märkte.
Abbildung 1: Entwicklung Wohnimmobilienmärkte Top 7, Quelle: vdpResearch
Von 2003 bis 2022
Im Zeitraum vom ersten Quartal 2003 bis zum vierten Quartal 2022 stiegen nach Daten von vdpResearch in der aggregierten Sicht auf die Märkte der Top 7 Standorte die Preise für selbst genutztes Wohneigentum um 152 % und die Neuvertragsmieten für Mehrfamilienhäuser um 129 %. Diese Entwicklung ist als durchaus problematisch einzustufen. Der deutliche Anstieg der Wohnkosten auf den Wohnimmobilienmärkten der deutschen Ballungszentren stellt zahlreiche private Haushalte vor enorme ökonomische Probleme. Für viele liegt eine Wohnung innerhalb einer deutschen Großstadt außerhalb der finanziellen Möglichkeiten. Somit besitzt die Frage, wie sich die Wohnimmobilienmärkte in deutschen Ballungszentren zukünftig entwickeln werden, eine hohe gesellschaftliche Bedeutung.
Heute: Stürmisches Umfeld
Gegenwärtig befindet sich der deutsche Immobilienmarkt in einem stürmischen Umfeld. Die dynamischen volkswirtschaftlichen Entwicklungen, allen voran die Zinswende der Europäischen Zentralbank, stellen zahlreiche Akteure auf dem deutschen Immobilienmarkt vor deutliche Herausforderungen. Als Folge ist aktuell eine abwartende Haltung auf Seiten der Akteure zu beobachten, wodurch das Transaktionsgeschehen auf dem deutschen Immobilienmarkt deutlich an Dynamik verliert. Daraus resultierend sind auf zahlreichen Teilmärkten des Immobilienmarktes erste Preisrückgänge zu bilanzieren. So zeigen auch die in Abbildung 1 dargestellten Marktdaten, dass auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 im vierten Quartal 2022 die Preise für selbst genutztes Wohneigentum rückläufig waren.
Die Neuvertragsmieten für Mehrfamilienhäuser hingegen stiegen nach Angaben von vdpResearch in den Top-7-Märkten auch im vierten Quartal 2022 weiter an (Ausnahme Frankfurt mit einem leichten Rückgang). Dies zeigt, dass Kaufpreise und Mieten auf Immobilienmärkten keineswegs simultane Bewegungen aufzeigen müssen. Während die Kaufpreise auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 aufgrund des turbulenten ökonomischen Umfeldes gegenwärtig Abwärtstendenzen zeigen, steigen vielerorts in den deutschen Ballungszentren die Mieten für Wohnflächen weiter an.
Der Rückgang der Kaufpreise ist einmal mit der bereits angedeuteten Zurückhaltung institutioneller Investoren zu erklären. Zum anderen bewirken die gestiegenen Finanzierungskoste, dass zahlreiche private Haushalte aktuell vom Kauf einer eigenen Wohnimmobilien im gegenwärtigen Umfeld absehen. Diese Entwicklungen führen zu einem klaren Rückgang der Nachfrage nach Kaufobjekten und lassen so gegenwärtig einen Abwärtstrend bei den Kaufpreisen entstehen.
Jedoch bleiben Ballungszentren auch im aktuellen Umfeld beliebte Wohnungsmärkte, wodurch die Nachfrage auf den Mietmärkten deutscher Großstädte weiterhin hoch ist. Hinzu kommt, dass die privaten Haushalte, die sich dazu entschieden haben, den Kauf eine Wohnobjektes nicht zu realisieren, zusätzlich die Nachfrage auf den Mietmärkten erhöhen.
Prognose
Wie bereits erwähnt, besitzt die Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Wohnungsmärkte eine hohe gesellschaftliche Bedeutung. Bei der Analyse dieser Frage ist es zielführend, zwischen einer kurzfristigen Prognose (bis Ende 2023) und einer langfristigen Prognose (drei und mehr Jahre) zu differenzieren.
Für das Jahr 2023 ist anzunehmen, dass die Rahmenbedingungen weiterhin turbulent bleiben. Wodurch weitere Abwärtstendenzen bei den Kaufpreisen auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 als realistische Szenarien einzustufen sind. Im Gegensatz dazu ist eine solche Entwicklung hinsichtlich der Mietentwicklung nicht zwangsläufig zu erwarten. Eine weiterhin robuste und hohe Nachfrage auf den Mietmärkten der Wohnimmobilienmärkten der Top 7 wird auch in diesem Jahr die Grundlage legen für eine widerstandsfähige Entwicklung der Mieten.
Für die langfristige Perspektive lässt sich annehmen, dass sowohl Kaufpreise als auch Mieten eine robuste Entwicklung auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 aufzeigen werden und deutliche Rückgänge nicht zu erwarten sind. Dies ist in erster Linie mit den grundsätzlich guten Rahmenbedingungen dieser Märkte zu begründen. Ökonomisch starke Strukturen werden auch voraussichtlich in Zukunft zu einer einkommensstarken Nachfrageseite auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 führen. Aufgrund dessen ist zu erwarten, dass nach einer Stabilisierung des Zinsniveaus auf dem Finanzmarkt der Eurozone, in Kombination mit der Aussicht auf eine Reduktion des Zinsniveaus sowie eine Beruhigung des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes (Reduktion der inflationären Tendenzen etc.), auch die Kaufpreise wieder positive Wachstumsraten verbuchen werden.
Es ist fraglich, ob die Wachstumsraten der vergangenen Jahre so fortgeführt werden. Eine solche Entwicklung würde jedoch auch die bereits gegenwärtig angespannte Lage auf den Wohnimmobilienmärkten der Top 7 noch weiter verschärfen. Um einer weiteren Verschärfung der Situation entgegenzuwirken, gilt als effektives Instrument die Erweiterung des Angebotes. Mit dem Ziel jährlich 400.000 neue Wohnungen auf dem deutschen Markt zu platzieren, zeigt die aktuelle Bundesregierung, dass die Problematik in Reihen der Politik erkannt wurde. Jedoch führen die aktuellen ökonomischen Turbulenzen (Anstieg Baukosten, etc.) zu einem deutlichen Rückgang der Bauaktivitäten. So zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes, dass im Januar 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat die Anzahl an genehmigten Wohnungen um 26 % zurückging. Für das Jahr 2022 rechnete im Februar 2023 der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes mit einer Anzahl von 280.000 fertiggestellter Wohnungen in Deutschland. Für das laufende Jahr erwartet der Verband eine Anzahl von 245.000 fertiggestellter Wohnungen. Dies deutet an, dass in naher Zukunft eine ausreichende Erweiterung des Angebotes auf den Wohnimmobilienmärkten deutscher Ballungszentren nicht zu erwarten ist und die Bundesregierung so das Ziel verfehlt.
Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, wann, deutliche Effekte durch Angebotserweiterungen auf den Wohnimmobilienmärkte der Top 7 zu bilanzieren sein werden. Doch auch im Falle dieser notwendigen Erweiterung des Angebotes ist anzunehmen, dass die Märkte eine robuste Preis- und Mietentwicklungen zeigen werden.
Foto: slavun, stock.adobe.com
Autoren dieses Fachbeitrags
Maximilian Otten
Junior Manager Strategy and Communication, Catella Real Estate AG
Prof. Dr. Thomas Beyerle
Head of Strategy and Communication, Catella Real Estate AG
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