Mein Traum: Eine Schule bauen
Interview mit Ute Becker, die ihr Unternehmen verkauft und eine Stiftung gegründet hat
Zwei Jahre vor ihrem sechzigsten Geburtstag beschloss Ute Becker, noch einmal etwas völlig Neues auf die Beine zu stellen. Sie verkaufte ihr Unternehmen und gründete eine Stiftung. Über die Ute Becker Stiftung unterstützt sie nun junge Menschen in Afrika, um ihnen eine Chance auf Schule, Ausbildung und eine berufliche Zukunft zu geben. Das Gespräch führte Friederike Kundrus.
Frau Becker, Sie haben Ihr Unternehmen verkauft, was machen Sie heute?
Ute Becker: Ich bin nach wie vor in der Bildungsbranche tätig, genauer im Qualitätsmanagement, und zwar als Beraterin für Bildungsdienstleister und Unternehmen. Als Leadauditorin arbeite ich für einen Zertifizierer und auditiere Bildungsdienstleister mit den unterschiedlichsten Angeboten der beruflichen Qualifizierung, Berufsorientierung, Sprach- und berufsbezogenen Integrationsangeboten sowie der Kinder- und Jugendhilfe.
Das klingt ziemlich trocken …
Finden Sie? Das ist es aber nicht, oder zumindest nicht nur. Ich lerne die spannendsten Projekte kennen und treffe engagierteste Menschen! In den Audits spreche ich mit der Geschäftsführung, mit Projektleitern, Sozialarbeiterinnen und Ausbildern, also mit allen, die im Prozess der Bildungsarbeit tätig sind. Was ich da mitbekomme, ist oft beeindruckend! In diesem sozialen Bereich bin ich zuhause. Immer habe ich mit Menschen zu tun gehabt, die Unterstützung brauchen – vor allem in der Aus- und Weiterbildung.
Auf Ihrer Webseite sagen Sie, die An- und Herausforderungen rund um die berufliche Bildung würden steigen. Welche genau meinen Sie?
Steigende Armut, sinkende Spenden, Digitalisierung, Energiekrise – all das ist drastisch! Nur ein Beispiel ist die Digitalisierung im Bildungsgeschäft. Vor fünf Jahren wurden noch keine Zoom-Calls abgehalten, auch Homeschooling war unbekannt. Die Lehrkräfte müssen deshalb intensiver geschult werden, sie brauchen heute mehr technische Skills und für Onlineunterricht angepasste methodische und didaktische Ansätze. Kommen wir zu den Spenden. In Afrika sind zahlreiche Bildungsprojekte am Limit und können nicht mehr wie geplant durchgeführt werden. Sie sind auf Spenden angewiesen, doch die Spendentätigkeit ist gesunken. Zudem konzentriert sie sich natürlich aktuell auf die Ukraine. Gleichzeitig steigen die Preise für Nahrungsmittel, und Hunger und Armut haben schon durch die Corona-Pandemie enorm zugenommen.
Sie erwähnen Afrika. Dort liegt der Schwerpunkt Ihrer Stiftungsaktivitäten. Wie sind Sie mit Afrika verbunden?
Die Idee, mich in Afrika zu engagieren, ist gewachsen – in zahlreichen Gesprächen und bei der Recherche. Ich habe gefragt, wo die Not von Kindern und Jugendlichen am größten ist und wo ich am meisten bewirken kann. Menschen in Afrika können nicht auf staatliche Förderungen setzen. Regelrecht geschockt war ich davon, wieviel Waisenkinder es in Afrika gibt, häufig, weil Eltern an Aids erkrankt sind. Nebenbei hat Afrika für uns den Vorteil, dass eine Reise zu einem Projekt recht einfach möglich ist. Das würden wir gern bald machen.
Sie sind in verschiedenen Verbänden aktiv. Nun auch noch eine Stiftung …
Für mich ist meine Stiftung eine Herzangelegenheit. Durch Bildung Unabhängigkeit zu schaffen, ist mein Ziel. Da ich keine Kinder habe, wollte ich früh genug regeln, wie mein Vermögen nach meinem Tod jungen Leuten zugutekommt, die es wirklich brauchen. Mein Rechtsanwalt hat mit einem Stiftungsthema promoviert. Er hat mich in das umfangreiche Thema „Stiftung“ eingeführt. Er war es auch, der mir das Haus des Stiftens empfohlen hat.
Das freut uns!
Ich habe noch eine weitere Empfehlung für das Haus des Stiftens bekommen – von meiner Bank. Die Zusammenarbeit mit dem Haus des Stiftens ist sehr kompetent und zielführend, ob mit Gerit Reimann, Geschäftsführerin im Haus des Stiftens, oder mit Rechtsanwältin Julia Barth von Stiftungszentrum.law, die gemeinsam mit meinem Rechtsanwalt die Stiftungssatzung und das – etwas komplizierte – Testament angepasst hat. Auch meinen Treuhänder, die Stiftung Stifter für Stifter, habe ich über das Haus des Stiftens gefunden. Alle machen einen sehr guten Job, dafür bin ich dankbar. Partnerschaften sind enorm wichtig, nach meiner Überzeugung ist Zusammenarbeit sogar der Schlüssel für wirksames Engagement.
Nochmal zu Afrika: Sie haben bereits Projekte ausgewählt.
Ja, die Ute Becker Stiftung wird zunächst mit Steps for Children zusammenarbeiten – eine gemeinnützige Stiftung, die jungen Leuten in Namibia und Simbabwe die Chance auf Bildung und Ausbildung gibt und sie so befähigt, den Armutskreislauf aus eigener Kraft zu durchbrechen. Wir haben drei Projekte ausgewählt, die die Ute Becker Stiftung unterstützt: ‚Step Homes‘ kümmert sich um Waisenkinder und bringt sie in Familien unter, die langfristig unterstützt werden, finanziell und hinsichtlich sozialer Belange. ‚Projekt Schutzengel‘ fördert Kinder individuell – bis zum Schulabschluss. Und schließlich ‚Step Students‘, bei dem es um die weitere Ausbildung der Jugendlichen nach erfolgreichem Schulabschluss geht, nicht nur finanziell, sondern auch mit Rat und Tat örtlicher Sozialarbeiter.
Wie fangen Sie jetzt mit der Stiftungsarbeit an?
Derzeit reichen die Erträge aus dem Stiftungsvermögen noch nicht aus, um die Projekte so zu unterstützen, wie es uns vorschwebt. Wir werden deshalb regelmäßig selbst an unserer Stiftung spenden. Und natürlich werben wir auch für Spenden – Internetpräsenz, Networking, Presse, Weihnachtsmarkt. Ganz klar: Zu meinem nächsten runden Geburtstag im nächsten Jahr wünsche ich mir nur Spenden oder Zustiftungen; ich hoffe, alle verstehen, dass das für mich das schönste Geschenk wäre. Mein Mann ist bei den Lions aktiv. Auch dort werden wir unsere Stiftung vorstellen. Vielleicht macht ja jemand mit.
Haben Sie ein Ziel, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Mein Traum – schon vor Stiftungsgründung – ist es, eine Schule zu bauen, und das werde ich auch machen. Mit Rechtsanwältin Julia Barth habe ich schon über diesen Plan gesprochen. Sie konnte mir Beispiele von Schulen nennen, die ebenfalls von Stiftern gebaut wurden. Ich kenne also den Kostenrahmen. Aber ich lasse mir noch ein bisschen Zeit. Ich denke, in fünf Jahren bin ich bereit und habe auch das Netzwerk dazu aufgebaut, mit dem ich das umsetzen kann.
Vielen Dank für das Gespräch! Für alle, die sich an Ihrer Stiftung beteiligen möchten, verraten wir Ihre Webadresse: www.ute-becker-stiftung.de
Im Interview genannt
- Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft: www.stiftungszentrum-law.de
- Stiftung Stifter für Stifter: www.stifter-fuer-stifter.de
- Steps for Children: www.stepsforchildren.de
- Lions: www.lions.de
Foto: Riccardo Mayer, shutterstock; Portrait Ute Becker: Ute Hillebrand
Ute Becker Stiftung
Die Ute Becker Stiftung fördert Bildungsprojekte für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Globalen Süden, insbesondere in Afrika.
www.ute-becker-stiftung.de


„Für mich ist meine Stiftung eine Herzangelegenheit. Durch Bildung Unabhängigkeit zu schaffen, ist mein Ziel.“
Ute Becker
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