Neujahrsvorsatz: Eine Stiftung gründen
Die wichtigsten Punkte auf einen Blick im Interview mit Geschäftsführerin und Stiftungsexpertin Gerit Reimann.
Gerit Reimann
Geschäftsführerin Haus des Stiftens gGmbH
Die Stiftungsgründung
Was sind die grundlegenden Schritte zur Gründung einer Stiftung in Deutschland?
Gerit Reimann: Die Gründung einer Stiftung beginnt idealerweise mit einer umfassenden Beratung. Es geht darum, die optimale Struktur zu finden, die am besten zu den individuellen Zielen und Vorhaben passt. Am besten sammelt man vorab so viele Informationen wie möglich, strukturiert diese und stellt die verschiedenen Möglichkeiten mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen gegenüber. Es ist wichtig, sich einen Überblick über das gewünschte Themenfeld zu verschaffen. Wer ist dort bereits aktiv? Welche Akteure gibt es und wie könnten Partnerschaften oder Synergien aussehen? Der Austausch mit relevanten Personen oder Organisationen kann hier wertvolle Einblicke geben.
Ich empfehle auch eine klare Zukunftsplanung: Wie soll die Stiftung in fünf, zehn oder zwanzig Jahren aussehen? Welche Ziele soll sie bis wann erreicht haben, wer wird sie leiten? Solche Gedankenspiele helfen, eine langfristige Vision zu entwickeln. Idealerweise wird dieser Prozess von einem neutralen Sparringspartner begleitet. Er oder sie kann wertvolle Impulse geben, blinde Flecken aufzeigen und als vertrauensvoller Gesprächspartner fungieren.
Schließlich gilt es, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Je nach gewählter Stiftungsform müssen eine Satzung, ein Stiftungsgeschäft oder ein Treuhandvertrag ausgearbeitet werden. Professionelle Unterstützung kann hier sicherstellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt werden.
Wenn Sie diese Punkte beachten, legen Sie den Grundstein für eine nachhaltige und wirkungsvolle Stiftung.
Welche rechtlichen Anforderungen müssen erfüllt sein, bevor eine Stiftung gegründet werden kann?
Gerit Reimann: Die rechtlichen Anforderungen für die Gründung einer Stiftung hängen von der gewählten Stiftungsform ab. Bei einer rechtsfähigen Stiftung sind zwei zentrale Dokumente erforderlich: das Stiftungsgeschäft und die Satzung. Im Fall einer Treuhandstiftung sind es die Satzung und der Treuhandvertrag sowie gegebenenfalls ergänzende Vereinbarungen.
Wie definiert man das „richtige“ Ziel und den Zweck einer Stiftung? Gibt es Kriterien oder Leitlinien?
Gerit Reimann: Grundsätzlich gibt es keine Kriterien oder Leitlinien – wichtig ist vielmehr sich darüber klar zu werden, was man mit der eigenen Organisation erreichen möchte, welche Rolle sie spielen soll und welchen Beitrag sie zu gesellschaftlichen Herausforderungen leisten kann.
Wichtig ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Ressourcen – sowohl finanziell als auch zeitlich. Welche Ziele sind realistisch erreichbar und wie können sie nachhaltig verfolgt werden?
Auch die Auseinandersetzung mit dem bestehenden Umfeld ist wichtig. Wer ist bereits in diesem Bereich tätig? Welche Ansätze gibt es und wo könnte es Anknüpfungspunkte oder Ergänzungen geben? Wer sind potenzielle Kooperationspartner?
Darauf aufbauend können die Ziele der eigenen Organisation dann herausgearbeitet werden!
Welches Mindestkapital ist notwendig, um eine Stiftung zu gründen? Welche Rolle spielt die Höhe des Stiftungsvermögens?
Gerit Reimann: Zum einen gibt es behördliche Anforderungen für das Mindestkapital – so müssen Treuhandstiftungen ein Mindestkapital von 25.000 Euro aufweisen. Rechtsfähige Stiftungen benötigen je nach Stiftungsform und Stiftungszweck ein Mindestkapital von ca. 250.000 Euro.
Entscheidend ist aber nicht nur die Vermögensausstattung, sondern auch, welche Mittel der Stiftung tatsächlich zur Verfügung stehen. Diese können zum einen aus den Erträgen der Vermögensanlage, aber auch aus Spenden oder anderen Einnahmequellen der Organisation stammen. Es kommt also nicht auf das Grundstockvermögen an, sondern darauf, was tatsächlich zur Verwirklichung der gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecke eingesetzt werden kann. Eine zu geringe Ausstattung des Grundstockvermögens bei parallel keinen oder geringen Spendeneinnahmen ist kein zukunftsweisender Weg für eine Organisation. Verfügt eine Stiftung hingegen über hohe Spendeneinnahmen, kann sie auch mit einem geringen Grundstockvermögen sehr gut arbeiten.
Der laufende Stiftungsbetrieb
Was sind die größten Herausforderungen im laufenden Betrieb einer Stiftung?
Gerit Reimann: Die allgemeinen und behördlichen Anforderungen effizient und schlank umzusetzen. Dazu gehören administrative Aufgaben wie die Einhaltung von Auflagen seitens des Finanzamts, der Stiftungsaufsicht, Banken sowie die Pflege von Einträgen in relevanten Registern. Diese Anforderungen erfordern eine strukturierte Vorgehensweise, um Zeit und Ressourcen zu sparen.
Weitere Herausforderungen bestehen darin, passende und wirkungsvolle Projekte zu identifizieren, geeignete Kooperationspartner zu finden und schlanke Förderprozesse zu etablieren – denn nur so kann eine nachhaltige und erfolgreiche Stiftungsarbeit gewährleistet werden.
Welche Rolle spielen digitale Lösungen und Prozesse in der Stiftungsverwaltung?
Gerit Reimann: Digitale Lösungen und Prozesse spielen eine große Rolle in der Stiftungsverwaltung, da sie maßgeblich zur Vereinfachung und Optimierung administrativer Aufgaben beitragen. Sie ermöglichen eine Verschlankung der Abläufe, verbessern die Übersichtlichkeit und Aktualität der laufenden Prozesse und Finanzen, reduzieren den Ressourcenaufwand und schaffen gleichzeitig mehr Transparenz und Sicherheit.
Digitale Strukturen fördern außerdem die Zusammenarbeit und Einbindung verschiedener Akteure wie Nachfolger:innen, Ehrenamtliche oder andere Beteiligte. Über digitale Plattformen können diese schneller und einfacher eingebunden werden.
Welche Rolle spielen nachhaltige Strategien und langfristige Planung im Stiftungswesen? Wie lässt sich sicherstellen, dass eine Stiftung langfristig überlebt?
Gerit Reimann: Langfristig zu planen ist ein wesentlicher Aspekt der Stiftungsarbeit.
Die Nachfolge sollte daher frühzeitig geklärt werden. Falls sich niemand aus dem Verwandten- oder Freundeskreis für die Aufgabe interessiert, kann man über andere gemeinnützige Organisationen, lokale Bürgerstiftungen, Ausschreibungen oder Angebote (wie zum Beispiel den Gremienbestellungsservice der Stiftung Stifter für Stifter) nach geeigneten Kandidat:innen suchen. Grundsätzlich gilt es, die Aufgaben für die Nachfolger:innen so einfach und attraktiv wie möglich zu gestalten. Das bedeutet auch, dass Stifter:innen in ihrer Satzung keine komplexen Vorgaben zur Gremienstruktur machen.
Eine ausreichende finanzielle Ausstattung ist ebenso entscheidend. Das Grundstockvermögen sollte nicht nur für die Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke ausreichen, sondern auch die laufenden Verwaltungskosten decken können.
Der Stiftungszweck sollte mit Bedacht und Weitsicht gewählt werden: Konkret genug, um zielgerichtet umgesetzt zu werden, aber auch weit genug, um zukünftige Entwicklungen und Handlungsspielräume zu ermöglichen.
Um den langfristigen Erfolg kleinerer Stiftungen zu sichern, rate ich zu Partnerschaften und Kooperationen. Indem Sie ihre Mittel gezielt an andere gemeinnützige Organisationen mit entsprechender operativer Projektumsetzung weitergeben, können sie ihre Ressourcen effizient einsetzen und ihre eigenen Strukturen entlasten. Kleine Stiftungen können besonders dann wirksam sein, wenn sie sich auf wenige Themen und Förderungen konzentrieren und bürokratische Hürden so gering wie möglich halten. Der kostenlose Ratgeber „Weniger ist mehr“ gibt dazu zahlreiche Anregungen.
Abschließend rege ich zu realistischen Satzungsanforderungen an: Die Satzung sollte praxisnah formuliert sein, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an Gremien und Entscheidungsstrukturen. Sie sollte der Größe der Stiftung entsprechen, um unnötige Belastungen zu vermeiden.
Hat dieses Interview in Ihnen den Wunsch geweckt, selbst aktiv zu werden und Ihre eigenen Ideen und Werte in einer Stiftung zu verwirklichen? Wir begleiten Sie Schritt für Schritt – von der ersten Idee bis zur Umsetzung und darüber hinaus. Gemeinsam können wir einen Beitrag für eine bessere Welt leisten. Sprechen Sie uns an – wir freuen uns darauf, Sie auf Ihrem Weg zu begleiten!
Foto: Dragana Gordic, stock.adobe.com
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