Jetzt aber schnell!
Das Jahresende naht – „zeitnahe Mittelverwendung“ ist das Gebot der Stunde. Haben Sie vorgesorgt und alle Einnahmen in der vorgeschriebenen Frist eingesetzt? Wenn nicht, können Sie noch bis zum Jahresende handeln!
Ein Fachbeitrag von Christa Pashalides und Helena Blickenberger
Stiftungs-News November 2023 – Newsletter abonnieren
Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung besagt, dass alle Einnahmen einer gemeinnützigen Organisation bis zum Ende des übernächsten Jahres nach dem Geldzufluss verwendet werden müssen, und zwar zur Erfüllung der satzungsgemäßen Zwecke. Mit Umsetzung des Jahressteuergesetzes 2020 gibt es hier inzwischen jedoch Erleichterungen für kleinere Organisationen. Wir erklären die Gesetzeslage. Und geben ein paar Tipps, was jetzt zu tun ist.
Gesetzeslage
Die zeitnahe Mittelverwendung ist nicht etwa als Empfehlung formuliert, vielmehr ist es eine verbindliche Anweisung. Sie gilt für alle gemeinnützigen Organisationen unabhängig von ihrer Rechtsform, für einen Verein also genauso wie für eine Stiftung oder eine gGmbH. Festgelegt ist sie in der Abgabenordnung, kurz AO, dem elementaren Gesetz des deutschen Steuerrechts, in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO.
Seit dem Jahressteuergesetz 2020 gibt es für kleinere gemeinnützige Organisationen allerdings eine wesentliche Erleichterung: Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung entfällt, sofern die kumulierten jährlichen Einnahmen 45.000 Euro nicht überschreiten.
Hintergrund
Gemeinnützige Organisationen kommen in den Genuss von steuerlichen Privilegien, die bis hin zur vollständigen Steuerbefreiung reichen. Auch die Spender:innen können ihre Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen bei ihrer Steuererklärung steuermindernd einsetzen. Mit diesen Steuervergünstigungen möchte der Staat gemeinnütziges Engagement fördern – unter der Voraussetzung, dass die Mittel zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt werden. Die Mittel über Jahre hinaus anzuhäufen, ist hingegen nicht im Sinne des Staates. Die Mittel sollen nicht nutzlos irgendwo parken, sondern sie sollen etwas bewirken.
Da die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung nunmehr nur bei jährlichen Einnahmen über 45.000 Euro besteht, ist es nun auch kleineren steuerbegünstigten Organisationen möglich, größere Projekte zu fördern und umsetzen, indem sie die Mittel über mehrere Jahre ansparen.
Welche Einnahmen sind relevant zur Bestimmung der 45.000-Euro-Grenze?
Zur Bestimmung der 45.000-Euro-Grenze werden nach Nummer 30 zu § 55 AEAO alle Vermögensmehrungen gezählt, die der Körperschaft zufließen. Hierunter fallen die Bruttoeinnahmen aller vier Sphären – also des ideellen Bereichs, der Vermögensverwaltung, des Zweckbetriebs und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – und zwar unabhängig davon, ob die Mittel für den Satzungszweck zur Verfügung stehen und ggfs. zeitnah verwendet werden müssen. Unter die 45.000-Euro-Grenze fallen also auch Sachspenden, Umsatzsteuerzuflüsse oder Zuwendungen in das Vermögen der Körperschaft.
Bleibt eine steuerbegünstigte Organisation unter der 45.000-Euro-Grenze, entfällt die Pflicht, die Mittel des betreffenden Jahres zeitnah zu verausgaben.
Was heißt zeitnahe Mittelverwendung?
‚Zeitnah‘ heißt ohnehin nicht ’sofort‘. Vielmehr haben gemeinnützige Organisationen bis zum Ablauf des zweiten Folgejahres nach Mitteleingang Zeit, diese satzungsgemäß zu verwenden. Zum Jahresende 2023 geht es also um Ihre Einnahmen aus dem Kalenderjahr 2021. Dabei ist es egal, ob Sie diese im Januar, im Juli oder im Dezember 2021 erhalten haben.
Welche Mittel müssen zeitnah verausgabt werden?
Zeitnah zu verwendende Mittel sind alle Einnahmen, wie beispielsweise Spenden, Wertpapiererträge, Zinsen oder Mieteinnahmen. Mit folgenden Ausnahmen:
- Erbschaften, sofern sie dem Vermögen zugeführt werden
- Zuwendungen zum Zweck der Vermögensaufstockung oder aufgrund eines Aufrufs für Zustiftungen, bei dem bekannt ist, dass die Mittel der Vermögensaufstockung dienen
- Sachzuwendungen wie Grundstücke oder Gebäude, die naturgemäß zum Vermögen gehören
Ebenfalls müssen Mittel, die in Rücklagen gebunden sind, nicht zeitnah verwendet werden.
Was kann passieren?
Im Rahmen Ihrer Steuerklärung prüft Ihr zuständiges Finanzamt regelmäßig die korrekte zeitnahe Mittelverwendung. Sollten Sie Ihre verfügbaren Mittel nicht zeitnah einsetzen und im sogenannten Mittelvortrag über mehr als drei Kalenderjahre vortragen, wird die Finanzverwaltung Sie auffordern, sich über die geplante Verwendung der angesammelten Mittel zu äußern. Sollten Sie Ihre Erträge auch weiterhin nicht fristgerecht ausschütten und einen zu hohen Mittelvortrag einstellen, droht Ihnen der Verlust der Gemeinnützigkeit.
Jetzt handeln!
Zunächst prüfen Sie über Ihre Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder Gewinn- und Verlustrechnung die Höhe der Erträge, die im Jahr 2021 für Ihre Organisation eingenommen wurden. Parallel stimmen Sie in den Folgejahren Ihre Ausschüttungen dazu ab. Sehr gut darstellen lässt sich dies mit einer Mittelverwendungsrechnung, in der die Verwendung der überschüssigen Mittel dargestellt ist.
Sie haben nun folgende Möglichkeiten, die offenen Mittel einzusetzen – nur muss es schnell gehen und noch vor Jahresende passieren.
- Verwendung für den satzungsgemäßen Zweck
- Bildung freier Rücklagen
- Bildung zweckgebundener Rücklagen
Verwendung für satzungsgemäßen Zweck
Vielleicht haben Sie tatsächlich weniger Mittel zur Förderung des gemeinnützigen Zweckes ausgegeben als erforderlich. Dann wäre jetzt der Zeitpunkt, es nachzuholen und satzungsgemäß tätig zu werden.
Rücklagen bilden
Für geplante außergewöhnliche Ausgaben oder Projektvorhaben dürfen und müssen auch gemeinnützige Organisationen Rücklagen bilden. Siehe dazu auch den Fachbeitrag ‚Rücklagen und Vermögensbildung‘.
Freie Rücklagen (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO)
Eine freie Rücklage ist ein wichtiges Instrument für jede gemeinnützige Organisation und sollte voll ausgeschöpft werden. Sie kann unbefristet beibehalten oder auch zeitlich beliebig aufgelöst werden. Bis zu einem Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und zusätzlich bis zu zehn Prozent der sonstigen, zeitnah zu verwendenden Mittel. Falls Sie den jährlichen Höchstbetrag in einem Jahr nicht voll ausgeschöpft haben, können Sie dies in den beiden Folgejahren nachholen.
Zweckgebundene Rücklagen (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO)
Zweckgebundene Rücklagen dienen der Finanzierung eines ganz konkreten zukünftigen Vorhabens, das in absehbarer Zeit verwirklicht werden soll, zum Beispiel Bauvorhaben oder umfangreiche operative Projekte.
Foto: years, stock.adobe.com
Autorinnen dieses Fachbeitrags
Helena Blickenberger
Leitung Stiftungsberatung und Mitglied der Geschäftsleitung im Haus des Stiftens
Christa Pashalides
Leitung Stiftungsservice und Mitglied der Geschäftsleitung im Haus des Stiftens
CONNECT – das digitale Management für Gemeinnützige
Ob Stiftung, Verein oder gGmbH: CONNECT ist das deutschlandweit einzigartige Tool für ein schlankes und solides Management für gemeinnützige Organisationen mit einfacher oder komplexer Struktur. Vom Spendeneingang über Buchhaltung und Projektförderung bis zur Gremienarbeit haben Sie alles im Blick. Auch vom Smartphone oder Tablet aus.
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