Verbrauchsstiftung: Gesetzliche Regelungen
Beitrag, Juni 2017
Die Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. März 2013 in § 80 Absatz 2 BGB ausdrücklich geregelt. Welche Auswirkungen sich daraus ergeben, erklärt Melanie Jakobs, Rechtsanwältin der Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft in München, in diesem Beitrag.
Voraussetzungen für die Anerkennung als Verbrauchsstiftung
Nach der gesetzlichen Definition ist eine Verbrauchsstiftung eine Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll. Eine Anerkennung setzt jedoch voraus, dass die Stiftung für mindestens zehn Jahre besteht. Dabei muss die Zweckverwirklichung über den gesamten Zeitraum von mindestens zehn Jahren gesichert erscheinen. Das Stiftungskapital kann somit nicht beliebig verbraucht werden. Vielmehr muss auch im 10. Jahr die Zweckverwirklichung genauso sicher sein wie im Jahr der Stiftungserrichtung. Dies kann beispielsweise durch einen degressiven Vermögensverbrauch erreicht werden. Das heißt, dass maximal 10 Prozent des zu Beginn des jeweiligen Jahres noch vorhandenen Vermögens verbraucht werden dürfen. Im Jahr 10 kann das Vermögen dann vollständig aufgebraucht werden.
Steuerliche Behandlung der Verbrauchsstiftung
Der Stifter einer Verbrauchsstiftung hat nicht die gleichen steuerlichen Vergünstigungen wie der Stifter einer auf Dauer errichteten Stiftung. Bei einer Verbrauchsstiftung kann der Stifter nur die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 10b Abs. 1 EStG geltend machen. Nach dieser Regelung können Privatpersonen jährlich bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke geltend machen; Einzelunternehmen und Personengesellschaften können 20 Prozent des Gewinns bzw. 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter dafür steuerlich geltend machen.
Neben diesen spendenrechtlichen Abzugsbeträgen können natürliche Personen für Zuwendungen die zum dauerhaften Verbleib in einer Stiftung gedacht sind, zusätzlich den erhöhten Sonderausgabenabzug in Höhe eines Gesamtbetrages von bis zu 1 Million Euro in Anspruch nehmen. Im Rahmen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes wurde in § 10b Abs. 1a EStG nun explizit geregelt, dass der Sonderausgabenabzug nicht für Zuwendungen in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung gilt.
Sinnhaftigkeit der Verbrauchsstiftung
Es gibt mehrere Gründe, die für eine Verbrauchsstiftung sprechen können. Sie ist dann sinnvoll, wenn für die gegenwärtige Stiftungsaktivität größere Ausgaben erforderlich sind, beispielsweise bei einer Stiftung zur Bekämpfung einer bisher unheilbaren Krankheit. Denn der Stiftungszweck kann womöglich eher erreicht werden, wenn für die Entwicklung eines Medikaments nicht nur die Erträge, sondern auch das gesamte Stiftungsvermögen aufgebraucht werden darf. Die Verbrauchsstiftung kommt auch in Betracht, wenn der Stifter von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Vorhaben verwirklichen möchte. Ein Beispiel hierfür ist der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden. Die eigens für diesen Zweck gegründete Stiftung wendete sowohl die Erträge als auch das Stiftungsvermögen für den Wiederaufbau der Kirche auf.
Ein weiterer wichtiger Grund bereits bei Stiftungserrichtung über eine Verbrauchsstiftung nachzudenken, ist die derzeitige Situation an den Finanzmärkten mit anhaltend niedrigem Zinsniveau. Sollten sich zusätzlich ursprünglich realistische Spenden- bzw. Zustiftungserwartungen des Stifters nicht erfüllen, gerät eine dauerhaft errichtete Stiftung sehr schnell in Gefahr, ihre Stiftungszwecke nicht wie geplant realisieren zu können.
In jüngster Zeit stehen Stiftungsbehörden den Verbrauchsstiftungen nicht nur offener gegenüber, vielfach empfehlen sie bei Stiftungsvermögen von weniger als 1 Mio. Euro die Alternative der Verbrauchsstiftung. Häufig gehen Stifter dazu über, den Verbrauch des Stiftungsvermögens als Option in der Satzung zu verankern oder neben einem nicht verbrauchbaren Vermögen die Stiftung bei Errichtung ergänzend mit einem zu verbrauchenden Vermögen auszustatten.
Auch wenn der Stifter einer Verbrauchsstiftung zum Zeitpunkt der Errichtung kritisch gegenüber steht, so kann er den Stiftungsorganen die Befugnis zur Umwandlung einer auf Dauer errichteten Stiftung in eine Verbrauchsstiftung unter bestimmten Voraussetzungen einräumen. Dadurch können die Verantwortlichen auf unvorhersehbare Entwicklungen flexibel reagieren.
Im Übrigen ist eine Verbrauchsstiftung sowohl in Form einer rechtsfähigen als auch in Form einer treuhänderischen Stiftung denkbar.
Ein Artikel von Rechtsanwältin Melanie Jakobs, Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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