Vorstandsnachfolge in Stiftungen: Wer übernimmt das Steuer?
Ein Fachbeitrag von Dr. Eva Maria Parisi, Haus des Stiftens
Stiftungs-News März 2025 – Newsletter abonnieren
Gemeinnützige Organisationen leben vom Engagement der Menschen, die ihre Zeit, Erfahrung und Energie in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Eine besondere Rolle tragen die Vorstandsmitglieder, die die nachhaltige Lebensfähigkeit der Stiftungen sichern und dafür Sorge tragen, dass die Stiftungszwecke realisiert werden.
Doch obwohl das Vorstandsamt erfüllend sein kann, kämpfen viele Stiftungen mit der Problematik der Vorstandsnachfolge (Vgl. ZiviZ-Survey 2023: Hauptbericht | ZiviZ). Mit diesem Artikel möchten wir konkrete Lösungen vorschlagen, um die Besetzung der Vorstandsämter einfacher und attraktiver zu machen. Gleichzeitig möchten wir Stiftungen dazu ermutigen, die Vorstandsnachfolge nicht lediglich als Herausforderung, sondern auch als Chance für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu verstehen.
Brauchen Stiftungen einen Vorstand?
Der Vorstand einer Stiftung ist für ihre Handlungsfähigkeit essenziell. Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Stiftungsart.
Rechtsfähige Stiftungen
Rechtsfähige Stiftungen benötigen zwingend einen Vorstand. Die Satzung muss regeln, wie sich der Vorstand zusammensetzt und wie Nachfolger:innen bestimmt werden. Nachträgliche Satzungsänderungen sind nur eingeschränkt möglich und nach dem Tod des Stifters oder der Stifterin in der Regel ausgeschlossen.
Treuhandstiftungen
Treuhandstiftungen verfügen meist über ein Entscheidungsgremium, das als Vorstand bezeichnet wird. Die Satzung muss die Besetzung und Nachfolge regeln. Treuhandstiftungen sind flexibler, da Satzungsänderungen leichter möglich sind. Gute Treuhänder unterstützen bei der Gremienbesetzung, falls dies nicht von den Gründer:innen gesichert werden kann. Die Stiftung „Stifter für Stifter“ beispielsweise bietet einen kostenlosen Gremienservice zur Vermittlung von ehrenamtlichen Expert:innen an.
Schwierigkeiten bei der Besetzung von Leitungspositionen
Eine Satzung kann verschiedene Methoden vorsehen, um die Vorstandsnachfolge zu regeln, wie die Erstellung einer Nachfolgeliste, die Kooptation durch den bestehenden Vorstand, die Bestellung durch ein anderes Gremium oder die Delegation an eine externe Institution.
Schwierigkeiten bei der Besetzung von Leitungspositionen in Stiftungen liegen allerdings nicht an der Methode der Nachfolgeregelung, sondern an anderen Faktoren wie dem hohen bürokratischen Aufwand der Stiftungsarbeit und der abnehmenden Bindungsbereitschaft von Engagierten, die Vorstandsämter nach wie vor hauptsächlich ehrenamtlich übernehmen. Viele Stiftungen sehen die Vorstandsnachfolge daher zurecht als Herausforderung. Doch sie bietet auch Chancen, positive Veränderungen und langfristige Stabilität zu schaffen.
Konkrete Vorschläge zur Bewältigung der Vorstandsnachfolgeproblematik
Bei Gründung
Stellen Sie sicher, dass Entscheidungen von einem mehrköpfigen Gremium getroffen werden. Die Pluralität im Vorstand sorgt für mehr Lebendigkeit sowie dafür, die Verantwortung auf mehrere Beteiligte zu verteilen, was die Belastung der Einzelnen mindert. Auch können in einem mehrköpfigen Vorstand Aufgaben nach Präferenzen und Kenntnissen aufgeteilt werden.
Zusätzliche Vorständin/Vorstand
Bestellen Sie während Ihrer Vorstandstätigkeit und sofern die Satzung Ihrer Stiftung es ermöglicht, immer mindestens eine Person mehr als dringend nötig. Diese können immer auch neue Impulse und Perspektiven einbringen, aber auch gleichzeitig von den bereits seit längerer Zeit amtierenden Vorständen lernen. Sie wird für Kontinuität sorgen, falls Sie Ihre Ämter nicht weiterführen können, und gleichzeitig frische Ideen einbringen.
Haftungsfrage
Mitglieder des Stiftungsvorstands müssen im Falle von Pflichtverletzungen entstandene Schäden grundsätzlich mit dem Privatvermögen ersetzen, was abschreckend wirken kann. Dank der neuen Stiftungsrechtsreform, die am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist, erhalten Stiftungen jedoch mehr Rechtssicherheit. Die Kodifizierung der Business Judgement Rule besagt, dass Stiftungsorgane nicht für Fehlentscheidungen haften, wenn sie unter Beachtung der Satzung und Gesetze sowie auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung handeln. Sorgen können zudem durch den Abschluss einer D&O-Versicherung, gute Dokumentation der Entscheidungsprozesse und die Verschriftlichung von Anlagerichtlinien und Compliance-Regeln gemildert werden.
Verwaltungsaufwand
Der Verwaltungsaufwand einer Stiftung kann eher belastend sein und viel Zeit in Anspruch nehmen. Entlasten Sie sich durch die Einschaltung einer professionellen Verwaltung, beispielsweise durch das Haus des Stiftens. Dies kommt nicht nur Ihrer Nachfolge zugute, sondern auch den aktuellen Vorstandsmitgliedern, die ihre Tätigkeit verlängern könnten, wenn sie die bürokratische Last abgeben könnten.
Entlohnung für qualitative Arbeit
Qualitative Arbeit sollte entsprechend entlohnt werden. Denken Sie daran, per Satzung eine Vergütung des Vorstandes zu ermöglichen, solange die Mittel dafür zur Verfügung stehen, zum Beispiel durch die Zahlung einer Ehrenamtspauschale auch für Vorstandsmitglieder oder durch die Option einer vergüteten geschäftsführenden Vorstandstätigkeit.
Diversität im Vorstand
Gestalten Sie Ihre Vorstandsorgane divers, denn Vielfalt stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Seien Sie die Veränderung, die Sie in der Gesellschaft sehen möchten, und sprechen Sie gezielt Personen an, die unterschiedliche Perspektiven und Hintergründe in die Vorstandsarbeit einbringen können.
Junge Menschen im Vorstand
Die Erfahrung im Vorstand einer Stiftung bietet viele Anreize, nicht nur finanzielle. Erfahrungserwerb, das Erlangen neuer Kompetenzen und das Übernehmen gesellschaftlicher Verantwortung sind wertvolle Aspekte. Geben Sie jungen, engagierten Menschen die Chance, in die Vorstandstätigkeiten hineinzuwachsen und an der Seite erfahrener Vorstandsmitglieder Verantwortung zu übernehmen.
Ausschreibung von Vorstandspositionen
Schreiben Sie Vorstandspositionen öffentlich aus und skizzieren Sie in der Profilbeschreibung die gesuchten Kompetenzen. Betonen Sie, dass Bewerbungen aller Gruppen der Gesellschaft und jeden Alters willkommen sind.
(Eine kostenlose Plattform, um die Vorstandsposten auszuschreiben, ist beispielsweise die öffentliche LinkedIn-Gruppe NPO Non-Profit-Organisation Karriere-Netzwerk D-A-CH)
Fazit
Eine gut überlegte Vorstandsnachfolge ist essenziell für die langfristige Stabilität einer Stiftung. Sie verhindert Handlungsunfähigkeit und sorgt dafür, dass die Stiftung auch in Zukunft nachhaltig und im Sinne der Gründer:innen wirken kann. Zudem bietet sie die Chance, positive Veränderungen zu schaffen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken – ein Beitrag, der für unsere Gesellschaft gerade in herausfordernden Zeiten besonders wertvoll ist.
Foto: goodluz, stock.adobe.com
Autorin dieses Fachbeitrags
Dr. Eva Maria Parisi ist promovierte Philosophin und arbeitet seit Juli 2021 als Stiftungsberaterin im Haus des Stiftens.

„Die Arbeit an der Seite von gemeinnützigen Organisationen ermöglicht mir, die Theorie in die Praxis umzusetzen und damit einen Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft zu leisten.“
Dr. Eva Maria Parisi

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